Wittenberger Röhrwasser

Wasser sprudelt für alle…

Dank einer Initiative wohlhabender Bürger hatte Wittenberg schon zu Luthers Zeiten eine eigene Wasserversorgungsanlage – das Wittenberger Röhrwasser.

15 Brunnen und zwei Bäche – einer davon, der Rischebach, ist heute im Wittenberger Stadtzentrum wieder sichtbar – versorgten die Stadtbewohner im 16. Jahrhundert, was jedoch den Frischwasserbedarf nicht immer deckte. Es begann alles damit, dass Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige 1542/1543 ein Quellgebiet im Teucheler Wald nördlich der Stadt erschließen ließ und der sogenannte Röhrmeister verlegte eine simple Wasserleitung aus „Röhren“ von hohlen Holzstämmen ins damalige Schloss von Wittenberg. Das System war effektiv und so verkaufte der Kurfürst das Wasser in einigen Höfen von Wittenberg.

Die Bürger der Stadt waren begeistert von der neuartigen Wasserversorgung, wollten jedoch nicht von der Gunst des Fürsten abhängig sein und so gründeten sieben wohlhabende Bürger aus Wittenberg 1556 eine eigene Röhrwassergesellschaft. Auch sie erschlossen eine Quelle und das Wasser wurde durch ein natürliches Gefälle unter der Erde – dieser Vorgang nannte sich Röhrwasserfahrt – direkt in die ihre Häuser in der Stadt geleitet. So entstanden zunächst sieben Röhrwasserbrunnen, ein achter wurde an Philipp Melanchthon verschenkt, für seine Verdienste um die Stadt, die Kirche und Schule. Das Röhrwasser war ergiebig, es lieferte bis zu zweieinhalb Liter frisches, sauberes Wasser pro Minute und so konnten nach und nach weitere Interessenten Frischwasser beziehen, sodass weitere Anschlüsse – sogenannte Portionen – in Wittenberg gelegt wurden.

In den Straßen von Wittenberg wurde das Wasser von der Hauptleitung durch Holzröhren auf die verschiedenen Höfe geführt und im Hahnhaus auf der Straße konnte dies mit dem Hahnhausschlüssel, den ausschließlich der Röhrmeister hatte, an- oder abgestellt weden. Eines dieser Hahnhäuser kann unter der Einfahrt zum Beyerhof am Markt 6, wo sich heute das Brauhaus befindet, bewundert werden.

Die Namen der Gründer des Alten Röhrwassers finden sich heute übrigens auf einer Gedenktafel am Röhrwasserbrunnen auf dem Cranachhof in der Schlossstraße 1.

Während des Dreißigjährigen Krieges erschloss Ambrosius Rhode, ein Mathematik-Professor, ein weiteres Quellgebiet in Reinsdorf und es wurde Wasserleitungen in die Coswiger Straße und die Schlossstraße gelegt, sodass die Wittenberger auch in Zeiten der Not mit sauberem Trinkwasser versorgt waren.

Im Zuge der Industrialisierung entstanden moderne Wasserwerke und die Röhrwasser in Wittenberg verloren nach und nach an Bedeutung. Glücklicherweise ist dieses technische Denkmal aber weiterhin in der Lutherstadt erhalten, nicht zuletzt auch Dank der Initiative des Vereins „Gewerkschaft altes und neues Jungfernröhrwasser der Lutherstadt Wittenberg e.V.“, der sich zusammen mit den Stadtwerken für den Erhalt des Wittenberger Röhrwassers einsetzt.

Bewundern Sie die alten Röhrwasserbrunnen bei einem Spaziergang durch Wittenberg oder lauschen Sie den Geschichten rund um dieses faszinierende Stück Wittenberg bei einer geführten Tour durch die Lutherstadt. Die alten Brunnen finden Sie beispielsweise im Kunsthof am Markt 4, am Kronhaus gegenüber des Lutherhauses, auf dem Cranachhof in der Schlossstraße oder auf dem Hof der Alten Sternwarte in der Bürgermeisterstraße. Besonders schöne, große Brunnen sind am Holzmarkt und auf dem Marktplatz von Wittenberg zu sehen, letzterer wurde anlässlich der Feierlichkeiten 500 Jahre Reformation komplett erneuert.

erbaut

um 1542

Öffnungszeiten

frei zugänglich

Verweildauer am Röhrwasserbrunnen

ca. 5-15 Minuten je Brunnen, Führung ausdrücklich empfohlen

Barrierefreiheit

ja

Lage

diverse Höfe Wittenberg, Markt, Kronhaus, Alte Sternwarte, Am Holzmarkt

Röhrwasserbrunnen auf der Karte anzeigen

Röhrwasserbrunnen Markt Wittenberg
Röhrwasserbrunnen auf dem Markt Wittenberg
Röhrwasserbrunnen Holzmarkt Wittenberg
Röhrwasserbrunnen Holzmarkt Wittenberg
Brunnen auf dem Cranach Hof
Cranach Hof Schlossstrasse Röhrwasserbrunnen
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